Warum ich male

Ich könnte die Geschichte erzählen, die viele erzählen: Schon als Kind viel gemalt, irgendwann ernstgenommen, etc. etc. Es wäre nicht falsch, aber auch nicht alles.

Eine meiner frühen Kindheitserinnerungen ist der Anblick meines Vaters, der konzentrierten Blickes auf dem farbbefleckten Teppichboden saß und in ruhigen, aber zielstrebigen Bewegungen die Ölkreide über das handgeschöpfte Papier rieb. Ich war noch zu klein, um zu begreifen was entstand – er arbeitete damals schon nur noch abstrakt – aber das Gefühl von Bewunderung und “das hier ist wichtig” blieb hängen. In der spannungsgeladenen Beziehung meiner Eltern war die Kunst eins der wenigen Themen, wo sie sich einig waren. Kunst war wichtig.

Als ich im Heranwachsendenalter die ersten Charaktere für andere Leute zeichnete und sie sich darüber freuten, wurde das ein großer Anreiz, besser zu werden. Zu zeichnen war mein Werkzeug, um anderen Freude zu schenken und mir einen Wert. Das mag jetzt trauriger klingen als es ist, und ich würde niemandem empfehlen, an dieser Stelle stehenzubleiben – aber Freude schenken ist nach wie vor ein wichtiger Faktor für mich. 

Wir Menschen suchen ständig eine Bestätigung, dass wir existieren, wahrgenommen werden, spiegeln uns in den Augen unserer Mitmenschen, weil wir anders kaum greifen können, ob es uns gibt oder wir ein Trugbild sind. Selbstwirksamkeit zu erarbeiten in einer immer schneller und oberflächlicher werdenden Gesellschaft wird immer schwieriger, und genau das tut die Kunst jetzt für mich. Ich nehme mich wahr, wenn ich male. Und ich kann anderen helfen, sich und ihre Ideen zu sehen, vielleicht sogar anzufassen. Es erdet und beruhigt mich, verbindet mich mit meinen Mitmenschen und ist zu einer meiner Sprachen geworden.

Inzwischen ist die Kunst sogar zu etwas herangewachsen, wo ich meine Zukunft hineinlegen möchte.